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Chancengleichheit im Wissenschaftssystem – Was ist zu tun?

10.04.2019 von ELKE HANNACK

Chancengleichheit im Wissenschaftssystem hat vielfältige Facetten. Zunächst ist zu fragen, wie Chancengleichheit hergestellt werden kann in Bezug auf den Zugang zum Wissenschaftssystem. Der Nationale Bildungsbericht 2018 hat erneut die sozialen Disparitäten beim Hochschulzugang dokumentiert. Verfügen die Eltern über einen Hochschulabschluss, studieren 79 % der Kinder, haben die Eltern einen beruflichen Abschluss, aber kein Abitur, sind es nur 24 % der Kinder. Oftmals korreliert der höchste Bildungsabschluss der Eltern mit dem verfügbaren Elterneinkommen – je höher der Abschluss, je höher das Einkommen. Auch wenn das verfügbare Einkommen nicht die allein erklärende Variable ist, so kann mit guten Gründen davon ausgegangen werden, dass eine Wiedereinführung des Schüler*innen-BAföG auch für Kinder, die noch im Elternhaus wohnen, erhebliche Bildungsreserven heben und Kindern einkommensarmer Elternhäuser den Erwerb des Abiturs überhaupt erst ermöglichen würde. Deshalb plädiert der DGB nachdrücklich für eine Wiedereinführung des Schüler*innen-BAföG.


Auf einen Blick

  • Zugänge für nichttraditionelle Studierende und Bewerber*innen fördern und geschlechtergerecht ausgestalten
  • Finanzierungsinstrumente mit dem Ziel der Chancengleichheit ausbauen, Gender-Budgeting umsetzen
  • Maßnahmen und Förderprogramme zur Erhöhung des Frauen- bzw. Männeranteils in den Fächern, in denen das jeweilige Geschlecht unterrepräsentiert ist, auf allen Qualifizierungs- und Karrierestufen
  • Gesetze und Förderprogramme mit überprüfbaren Kriterien auf Förderung von Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit ausrichten
  • Entfristungsoffensive im Wissenschafts-system
  • Verbindliche Quotierungen von Professuren und Leitungsfunktionen in Hochschule und Forschung, überprüfbare Zwischenschritte definieren
  • Familienfreundlichkeit und Vereinbarkeit in der Wissenschaft aktiv fördern
  • Stärkung der Mitbestimmung, insbesondere der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten

Nicht nur finanzielle, auch mentale Hürden müssen auf dem Weg in das Wissenschaftssystem überwunden werden. Wer in seiner Familie keine akademisch qualifizierten Vorbilder hat, dem ist der Schritt in die Hochschule fern. Programme wie das der Talentscouts in NRW scheinen hier ein durchaus erfolgversprechender Ansatz. Talentscouts begleiten an Berufskollegs, Gesamtschulen und Gymnasien Schüler*innen der Oberstufe bei ihrem Übergang in die Berufsausbildung oder in ein Studium. Sie könnten eine gute Studien- und Berufsorientierung an allen Schulformen ergänzen. Das Programm richtet sich insbesondere an Kinder und Jugendliche aus Familien ohne akademische Erfahrung und/oder mit Zuwanderungsgeschichte.

2017 waren knapp 51 % der Studienanfänger*innen Frauen. Der Frauenanteil der Promovierenden lag im gleichen Jahr bei 44,8 %, bei den Habilitationen knickt er schon deutlich auf 29,3 % ein. Nach wie vor zeigt sich ein sinkender Frauenanteil mit steigender Qualifikation im Wissenschaftssystem, obwohl Frauen gut die Hälfte der Studienanfänger*innen stellen.

Das spiegelt sich im hochschulischen Beschäftigungssystem. 52,7 % aller Hochschulbeschäftigten waren 2017 weiblich, ihr Anteil am hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personal sinkt schon auf 39,3 %. Bei den hauptberuflichen Professoren lag der Frauenanteil 2017 noch bei 24,1 %, an den C4 Professuren betrug ihr Anteil nur noch 11,5 %. So deutlich die geschlechtsspezifische Segregation, so bekannt und hartnäckig ist die „leaky pipeline“.

Bei den außeruniversitären Forschungs-einrichtungen sah die Welt 2016 auch nicht wesentlich anders aus. Der Frauenanteil beim Personal für Forschung und Entwicklung lag in diesem Sektor insgesamt bei 40,5 %, beim wissenschaftlichen Personal lag er bei knapp einem Drittel (32,6 %).

Insbesondere Frauen schrecken vor dem langen prekären Weg zur Wissenschaft als Beruf zurück. Eine Entfristungsoffensive in der Wissenschaft würde allen Beschäftigten im Wissenschaftssystem nutzen, ganz besonders aber Frauen. Die geplante Verstetigung der Hochschulpaktmittel ist deshalb ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Stellen, die aus Mitteln des Hochschulpaktes geschaffen werden, sollten zudem als Dauerstellen eingerichtet werden.

Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollten stärker danach beurteilt werden, ob sie erfolgreich das Ziel der Chancengleichheit verfolgen. Um dieses zu erreichen, sind sowohl Veränderungen in den Organisationsstrukturen wie in der Finanzplanung – Stichwort: Gender Budgeting – als auch überprüfbare Kriterien erforderlich. Bei der Besetzung von Professuren und Leitungsfunktionen in Hochschule und Forschung sind verbindliche und mit Sanktionen verknüpfte Quotierungen erforderlich. Gleichstellung muss sich für die Institutionen auszahlen, sie darf nicht dem guten Willen Einzelner überlassen bleiben. Und natürlich müssen die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten gestärkt werden.

Geschlechtergerechtigkeit und Familienfreundlichkeit in der Wissenschaft gehören zusammen. Maßnahmen in diese Richtung kommen als wesentliche Beiträge zur Sicherung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie allen Beschäftigten zugute. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften fordern deshalb eine konsequent gleichstellungsbezogene Familienpolitik, die sich gleichermaßen an Frauen und Männer richtet. Dazu gehören bedarfsgerechte, qualitativ hochwertige Bildungs- und Betreuungseinrichtungen, die allen Kindern aller Hochschulmitglieder – auch Studierenden – offenstehen. Die Berücksichtigung der besonderen Belange von Menschen mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen muss in den Strukturen und der Kultur von Hochschulen und Forschungseinrichtungen verankert werden. Altersgrenzen in Hochschule und Forschung – insbesondere bei den wissenschaftlichen Karrierewegen und Förderinstrumenten stehen dem entgegen.

Gleichstellungskonzepte müssen sich auf die Studierenden, den wissenschaftlichen Nachwuchs, alle Beschäftigten im wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Bereich sowie über alle Hierarchieebenen erstrecken.

Zur Chancengleichheit in der Wissenschaft gehören auch der geschlechtergerechte Zugang und geschlechtergerechte Karriereperspektiven in den verschiedenen Fachkulturen. Nach wie vor differiert die Wahl des Studienfaches stark zwischen den Geschlechtern. Ziel von Aktivitäten der Hochschulen und Forschungseinrichtungen muss die Erhöhung des Frauen- bzw. Männeranteils in den Fächern, in denen das jeweilige Geschlecht unterrepräsentiert ist, sein, sowohl bei Studierenden, Absolvent*innen als auch den Beschäftigten.

Dieser Beitrag entstand für einen Reader mit Texten zur Orientierung im Rahmen des Workshops „WISSENSCHAFT. FREIHEIT. POLITIK.“ des Wissenschaftsforums der Sozialdemokratie am 12. April 2019 in Berlin.

Meldungen

  • 2020 zum Jahr der Wissenschaftskommunikation machen14. November 2019 - 10:29

    Ernst Dieter Rossmann, zuständiger Berichterstatter:
    Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, die Wissenschaftskommunikation zu stärken. Immer häufiger wird die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft grundsätzlich in Frage gestellt. Eine konstruktive Debatte ist mitunter kaum mehr möglich. Deshalb begrüßt die SPD-Bundestagsfraktion, dass sich endlich auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Stärkung der Wissenschaftskommunikation bekennt.
    „Wir haben im Koalitionsvertrag eine Stärkung der Wissenschaftskommunikation vereinbart. Der Dialog von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft muss intensiviert und neue Beteiligungsformen der Zivilgesellschaft erprobt werden. Die SPD-Bundestagsfraktion steht bereit und hat innerhalb der Großen Koalition eigene Vorschläge in die Diskussion eingebracht. Ein gemeinsamer Antrag mit dem Koalitionspartner ist auf dem Weg und wir begrüßen, dass das Thema nach einiger Verzögerung nun auch im Bildungsministerium auf der Agenda steht.
    Seit 20 Jahren gibt es die ‚Jahre der Wissenschaft‘ zu verschiedenen Zukunftsthemen. Jetzt sind wir gefordert, das nächste Jahrzehnt zu nutzen, die Wissenschaftsfreiheit und die Verantwortung der Wissenschaft wieder stärker in der Öffentlichkeit zu verankern. Wir sollten auch in der Politik an die Grundsatzdebatten im Jubiläumsjahr des 70-jährigen Bestehens des Grundgesetzes anknüpfen und das Jahr 2020 zu einem Jahr der Wissenschaftskommunikation machen. Zur Verantwortung der Wissenschaft gehört, die neuen Herausforderungen in der Wissenschaftskommunikation anzunehmen.
    Für uns ist klar, dass Wissenschaftskommunikation in der Ausbildung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern genauso ihren festen Platz finden muss wie in der öffentlich finanzierten Forschung. Wir brauchen verlässliche Leitsätze für gute Wissenschaftskommunikation und neue Impulse für eine fortlaufende wissenschaftliche Reflexion zu diesem Thema. Angesichts zunehmend prekärer Arbeitsbedingungen und schlechter Bezahlung steht der Wissenschaftsjournalismus vor großen Herausforderungen. Wir wollen den Wissenschaftsjournalismus und damit auch die Wissenschafts- und Pressefreiheit stärken.“

  • SPD-Bundestagsfraktion setzt den Pakt für Fachhochschulen (PFH) durch8. November 2019 - 8:26

    Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich seit Jahren für eine Erhöhung der Mittel für Forschung an HAW/FH eingesetzt. Im November 2018 haben wir in einem eigenen Positionspapier gefordert, das Programm ‚Forschung an Fachhochschulen‘ zu einem ‚Pakt für HAW/FH‘ auszubauen und mit einem festgelegten Mittelaufwuchs für mehr Kontinuität und Verlässlichkeit zu sorgen. Der Pakt für Fachhochschulen ist bislang am Widerstand der CDU/CSU-Fraktion gescheitert.

  • SPD-Hochschulpolitik mit klaren Zielen – Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Digitalisierung14. Oktober 2019 - 10:55

    Am Dienstag und Mittwoch fand in Hannover eine Konferenz der Sprecherinnen und Sprecher für Hochschulen, Wissenschaft und Forschung der SPD-Fraktionen des Bundestages, des Abgeordnetenhauses, der Bürgerschaften und Landtage statt. Diskutiert wurden die aktuellen und zukünftigen Chancen und Herausforderungen für die Wissenschaftspolitik.

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    10. Dezember: 18:00 - 20:00

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